Der Begriff Germanen (germ. Germanoz) ist in seinem Ursprung unklar, vielleicht kommt er von Ger, „Speer” und „Männer” oder er meint „echte Kelten” (nach STRABON) oder ganz anderes. Im ersten Jahrhundert v. kam er bei den Römern für diejenigen Stämme in Gebrauch, die aus dem Norden und Osten über den Rhein kamen. Nach dem römischen Schriftsteller TACITUS soll zuerst der Stamm der Tungrer so genannt worden sein, später hätten diese sich selbst Germanen genannt und nach und nach auch die anderen dann so genannten germanischen Stämme. (Germania, 2)

TACITUS, dessen Germania zu den bedeutendsten Schriftquellen germanischer Geschichte zählt, unterschied drei germanische Stammesgruppen, die an der Küste siedelnden Ingäwonen, den in der Mitte wohnenden Herminonen und die weiter nach Osten und Norden hin lebenden Istwäonen.

Der Asen-Vanen-Krieg, eine Auseinandersetzung der in der nordischen Edda vorherrschenden Göttergeschlechter (Völuspa), wird dahingehend gedeutet, daß er geschichtliche Vorgänge aus ältester Zeit beschreibe. Vor 5000 Jahren trafen demnach wandernde Schnurkeramiker und Streitaxtleute in Nord- und Ostseeraum aufeinander. Die folgenden Kämpfe und ein Ineinanderaufgehen der Völker nach Friedensschluß seien in den oben beschriebenen Mythen beschrieben und so sei die Herkunft der Germanen zu erklären.

Wie der antike Römer unterscheidet auch die modernere Altertumskunde drei Stammesgruppen, die Nordseegermanen, die Elbgermanen und die Weser-Rhein-Germanen. Unterschieden wird auch in die Nordgermanen (Skandinavien, Island) und Südgermanen.

Die Römer stießen erstmals im 2. Jh. v. auf nördlich der Alpen lebende Stämme, als die Kimbern und Teutonen über das Gebirge kamen und ins römische Kernland einbrachen. Später führte die Eroberung Galliens durch den Römer Caesar zu einer langen Grenze des Römischen Reiches mit germanischen Gebieten, die Schauplatz zahlreicher Konflikte war. Für Rom war besonders der Verlust der von Varus geführten Legionen schmerlich, als im Jahre 9 der Cherusker Arminius (Hermann) einen vernichtenden Sieg errang. Die Römer suchten seitdem mit dem Limes zwischen Rhein und Donau eine sichere Grenze zu errichten und ließen von Eroberungsversuchen ab.
Allmählich bildeten sich jenseits dieser Grenze die später historisch bedeutsamen Stämme der Alemannen, Franken, Goten, Langobarden, Markomannen und Sachsen heraus. Als deren Länder Ende des 4. Jahrhunderts von den Hunnen überrannt wurden, begann eine allgemeine Völkerwanderung, in deren Folge die Germanen das weströmische Reich beendeten. Im Süden Europas (Ostgoten 493-553 in Italien, von 412-711 die Westgoten in Südgallien und Spanien, in Oberitalien von 568-774 die Langobarden) und in Nordafrika (Wandalen, 429-534) wurden einige meist unbeständiger Königreiche begründet, als haltbar erwies sich im Norden das Frankenreich, aus dem später Frankreich und Deutschland hervorgingen.

 

Religion

Über die Religion der germanischen Stämme gibt es wenig schriftliche Quellen, der Glauben dürfte mündlich überliefert worden sein; das Vorhandene läßt auf einen von Stamm zu Stamm recht verschieden geübten Kult schließen, wobei die wärmespendene Sonne ebenso im Zentrum der Verehrung stand wie die Fruchtbarkeit, außerdem ein vielfältiges Jenseits angenommen wird, das von Seherinnen erforscht wird.
Als in früher Zeit höchster Gott gilt der Himmelsgott Tiwaz, der in der aus Island überlieferten Edda Tyr hieß. Ihn löste Wodan (nord. Odin) ab, in seiner Verehrung fast noch übertroffen von Donar (nord. Thor), der als Freund der Menschen gegen feindliche Riesen kämpft. Hochgeschätzt waren die weiblichen Gottheiten, die Gattin des höchsten Gottes (Frigg) und Göttin der Liebe (Freya) waren, die Muttergottheit wurde unter vielen Namen verehrt (z. B. Nerthus, Berchta, Hulda), oft auch in Dreiheit.
Besondere Kultstätten waren Fositesland (Helgoland) und die Irminsul, die bei den Externsteine gewesen sein soll.

Entscheidend für das Vordringen des Christentums in Germanien wurde die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig im Jahr 496, kaum hundert Jahre, nachdem Theodosius I. diese bereits 380 in Rom angenommen hatte. Die „Bekehrung” der Sachsen durch Karl d. Gr. wurde zum besonders unrühmlichen Kapitel dieser Mission, als Karl tausende Sachsen hinrichten ließ („Karl der Sachsenschlächter”).

Bekannte christliche Missionare der Germanen sind Willibrord, Bonifatius und Liudger.

 

Einer sagenhaften Überlieferung zufolge wuchsen die Sachsen einst samt ihrem König Aschanes (Askanius) nahe einem Springbrünnlein aus einem Harzfelsen heraus. Der Name der Germanen soll nach AVENTIIN in diese Sine von lat. germinare, auswachsen, abzuleiten sein. (GRIMM, Nr. 408)